
Indien. Eine Reise.
Elke Krafka
Indien & Europa.
Indien – ein fast unüberschaubar weites Thema. Indien & Europa – eine Beziehungsgeschichte zwischen Kolonialismus und Befreiung, Bewunderung und Missverständnis. Mit Europa und Indien stehen sich zwei extreme Lebensauffassungen gegenüber. Während Europa im linearen Fortschrittsdenken einen dezidierten Individualismus pflegt, praktiziert Indien ein gemeinschaftliches Zusammenleben, das eine Vielzahl unterschiedlicher Denkweisen zulässt. Alle haben die Kraft und die Toleranz, Widersprüche aufzulösen. Einem europäischen Plan steht eine indische Vision gegenüber. Definition versus Differenz.
Während Raum und Zeit in Europa definierte Größen sind, werden Raum und Zeit in Indien als undefiniert lang und dehnbar wahrgenommen. In den enormen Zeitläuften Indiens, die die Welt, das Universum und alles Leben in einer unendlichen Gesamtheit fassen, kommt der einzelne Mensch zwar vor, aber nur als Teil eines wesentlich größeren Ganzen. Europa hingegen hat die Entwicklung des Menschen von einem sozialen Gemeinschaftswesen hin zu einem vereinzelten Individuum während der begrenzten Zeitepoche von der Aufklärung bis heute – in exakt 236 Jahren! – verwirklicht. Möglich wurde diese Entwicklung durch rationales Denken und eine überstrukturierte Lebensorganisation, die Vermehrung des Wohlstands auf Kosten anderer und eine frühe Industrialisierung. So stehen sich mit dem europäischen und indischen Denken die Gegensätze gegenüber wie sie größer nicht sein könnten: Das Individuum vs. die Unendlichkeit; die Unendlichkeit vs. die Begrenztheit.
Indien. Eine Reise. ist ein Essay. Es geht um die unterschiedlichen Gedankenwelten zweier (Sub-)Kontinente. Es geht um Indien, Kolonialisierung, Unterdrückung und Befreiung, die zur Vision von einem Leben in selbstbestimmter Freiheit und kollektiver Identität wird. Es geht aber auch um die Aufnahme indischer Inspirationen in europäisches Denken und Kunstschaffen. Letztlich entsteht die Erkenntnis, dass psychische Resilienz stärker ist als physische Gewalt, so lange die Menschen ihre Identität und Selbstbestimmung leben können. Es geht aber auch um die Wechselbeziehungen zwischen Europa und Indien. Die Wege hin und zurück. Eine Reise.
